Runter auf Null

„Die Welt sind wir“ – oder vielleicht doch nicht? Der Theaterkurs der zehnten Klassen unter der Leitung von Antje Kirchbauer zeigt in seiner Bearbeitung des Stückes „Runter auf Null“ von Kristofer Groenskag das Lebensgefühl der Jugend im 21. Jahrhundert. Diese sind hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, sensationell viele Likes und Followers zu bekommen, endlich ein Star zu sein und doch sich selbst zu spüren und sie selbst zu sein. Wie schmerzhaft diese Suche nach wahrer Identität sein kann, zeigt die Bearbeitung durch den Theaterkurs der zehnten Klassen.

Im gut gefüllten Atrium wird in den Szenen einmal heruntergezählt: Was ist wichtig im Leben? Dabei riskieren die jugendlichen Spieler*innen den Blick auf die wirklichen Werte, denn: „Wenn sich immer alles sicher anfühlt, macht man was falsch.“

Also – was zählt wirklich im Leben? Eine eindeutige Antwort gibt der Theaterabend nicht; wirft aber dafür eine Menge an Fragen auf: Sind Äußerlichkeiten im virtuellen Raum eigentlich entscheidender als authentische Beziehungen zwischen Menschen? Wie sehen mich die anderen? Wie handele ich? Darf man Schwäche zeigen und Solidarität mit einem behinderten Bruder? Groenskag versteht es, sich in skurrilen Szenen diesen komplexen Fragen und dem Lebensgefühl der Jugend auch mit spielerischen Möglichkeiten zu nähern: Dabei wird eine Kuh tödlich getroffen, ein Stalker verschenkt die Message seines Lebens auf einem Yogi-Tee, Mobbing-Opfer reflektieren ihren Opfer-Status und alle versuchen, sich selbst zu spüren. Eine gelungene Musikauswahl unterstützt die bizarren Szenen.

Auf einer ins Publikum verlagerten Steg-Bühne agieren die Spieler*innen nah am Zuschauer;  mit Live-Kamera und Bildschirm-Projektionen gelingt es, Bühnenspiel und virtuellen Raum herzustellen. Insbesondere die Figuren des Internet-Stars Sandra und der süß-seltsame Stalker zeigen in ihren Szenen, wie wichtig menschliche Begegnungen am Ende sind. Wie kompliziert die Welt bereits geworden ist, wird beim Mobbing-Opfer Thomas deutlich, der dem Druck im Bauch nicht mehr standhalten kann und dabei unter die Räder gerät.

In zehn Szenen wird somit scheinbar auf Null heruntergezählt: Was bleibt also? Am Ende stehen die jugendlichen Spieler*innen geschlossen und solidarisch als Chor im Schlusstableau zusammen: „Die Welt sind wir.“ Genau!

Bericht: Anke Buchholz

Fotos: Antje Kirchbauer