CHRIS & CHARLIE – EINE KRITIK

„Glaubst du an die wahre Liebe?“ Diese Frage wird in der Aufführung des Theaterkurses 10 von Frau Heiligtag noch einmal ganz neu verhandelt.

 „Chris & Charlie“ in Anlehnung an Shakespeares “Romeo & Julia” – das kann doch nur tragisch enden: zwei verfeindete Familien, zwei unglücklich Verliebte und am Ende sind alle tot … „Stopp!“, würde die Regie jetzt rufen, die in der ersten Reihe Platz genommen hat. Von dort aus unterbrechen die beiden Regisseurinnen an diesem Abend die Aufführung immer mal wieder, um dem Stück mehr Schwung zu geben, die Schauspieler zu kritisieren oder auch das Publikum zu warnen. Und tatsächlich wird die Frage nach der wahren Liebe hier noch einmal ganz neu verhandelt.

Was es dazu braucht? Eine verwöhnte und herrlich zickige Julia; einen liebestollen Rome0 in großartiger Doppelbesetzung (Wie viele Blütenblätter die schwärmerische Seite Romeos wohl gezupft hat?); einen total selbstverliebten Paris; Julias intrigante Amme – ebenfalls eine geniale Doppelbesetzung, sodass deren böse Zunge um so stärker wirkt; einen sehr coolen Mercutio (dem Outfit nach dem Rockermilieu zuzuordnen), der allerdings auch in zweifacher Ausführung Romeo nicht vor seinem Verderben zu schützen vermag; Petra und Johanna, die als Teil von Mercutios Rockerbande immer wieder für gute Laune auf der Bühne sorgen; eine Müllerstochter, von der immer wieder zu hören, aber nichts zu sehen ist, die dann aber als Obsthändlerin, alte Dame und Nonne in das Stück eingreift, und natürlich Lady Capulet und Lady Montague, die in diesem Stück ganz modern ohne einen Mann an ihrer Seite die Familiengeschicke führen. In dieser Besetzung wird nun auf der Bühne mit viel Lust intrigiert, fröhlich gemordet, sich ganz selbstverständlich gerächt und natürlich auch sehnsüchtig geliebt – mal ganz offensichtlich und mal ganz im Verborgenen.

Durch den Einsatz der Regisseurinnen entsteht immer wieder der Eindruck, dass dies alles ein Spiel sei, dessen Fäden nur geschickt gelenkt werden müssen. Aber auch in dieser humorvollen Version des Klassikers endet das Spiel für die Hauptrollen tragisch. Dass es dennoch ein Happy End gibt, ist den Müttern zu verdanken: Es sind Lady Montague und Lady Capulet, welche die ganze Zeit ihre Liebe zueinander verheimlichen, in schwachen Momenten über ihre Ängste und Sorgen reden, sich gegenseitig aber immer wieder an die bestehende Familienfehde erinnern, um ja nicht aufzufallen in all dem Theater. Erst mit dem Tod ihrer Kinder ist es ihnen möglich, öffentlich zu ihrer Liebe zu stehen. Und so antwortet ein amüsanter, luftig-leichter Theaterabend, den die Darsteller mit viel Spielfreude und Witz dem Publikum dargeboten haben, mit dem Song „I kissed a girl“ von Kate Perry und reichlich rotem Herzchen-Lametta auf die eingangs gestellte Frage: Ja, ich glaube an die wahre Liebe!

Ein Beitrag von Antje Kirchbauer

Fotos: Anke Buchholz